Schlaftraining?!



"Jedes Kind kann schlafen”?

Klar können Kinder schlafen! Sie müssen sogar schlafen. Schlafen, um neue Eindrücke zu verarbeiten oder um ihre kleinen Körper auszuruhen, die jeden Tag enorm viele Fortschritte machen. Aber, ich finde, die Frage ist doch nicht, ob ein Kind schlafen kann, sondern wie es (ein)schläft?

Sicher und geborgen oder weinend, allein und aufgewühlt?

 
Aber warum ist das eigentlich so bei (Klein-)Kindern: Warum wollen sie nicht allein (ein)schlafen?

Das Menschenkind ist bei seiner Geburt sehr unreif. Es ist physiologisch und emotional normalerweise nicht dazu in der Lage, lange allein zu schlafen. Seine Instinkte sagen ihm nämlich, dass es in Gefahr ist, wenn es das tut. Früher war das sein sicherer Tod.


Es ist hilflos. Verlässt sich darauf, dass seine Eltern immer da sind. Vertraut ihnen. Weiß nicht, dass sie doch direkt nebenan sind. Ist auf ihren Schutz angewiesen. Es versteht nicht, dass es in seinem Bettchen sicher ist und hat das Bedürfnis nach Nähe, Wärme, Geborgenheit und Liebe – ja, auch nachts. Das sind natürliche Schutzmechanismen, seine Instinkte. Dagegen kann es noch nicht einmal etwas tun.


Trotzdem wird von ihm erwartet, dass es nachts alleine in seinem dunklen Bettchen schläft. Man versucht es ihm anzutrainieren, oder auch das Weinen abzutrainieren. Es kann noch nicht sprechen, laufen oder sich selbst ernähren, aber wir erwarten von ihm, dass es selbstständig sein soll; dass es doch alles hat, was es braucht, und das jetzt langsam mal gelernt haben muss, allein zu schlafen.


Das ist jedoch nicht überall so. In anderen Teilen der Welt ist es völlig normal, dass Kinder einige Jahre bei den Eltern schlafen und einige Male nachts wach werden. Es ist ganz natürlich!

Nur in der westlichen Welt erwartet die Gesellschaft von den Kleisten, dass sie schon mit sechs Monaten selbstständig sein müssen - so selbstständig, dass sie alleine (ein-) und am besten durchschlafen können müssen. Ärzte und Hebammen raten sogar dazu oder meinen zu wissen, dass ein Baby in dem Alter nachts keinen Hunger mehr haben kann. Für mich sehr widersprüchlich, denn JEDES Kind ist anders und nur weil, ihr Körper theoretisch keine Nahrung mehr brauchen würde um zu überleben (!), heißt das nicht, dass sie nicht hungrig sind. Nur weil manche Kinder nachts ohne Probleme durchschlafen und nicht vor Hunger aufwachen, heißt das nicht, dass es bei allen Kindern so sein muss. 

Wenn ich daran denke, wie meine Tochter weint, wenn sie nach einer längeren Schlafphase aufwacht und wie zufrieden sie wieder einschläft, wenn sie sich satt getrunken hat, weiß ich, dass sie hungrig war. Ich kann ihr Hungerweinen von anderem Weinen unterscheiden und da hilft auch noch so viel Herumgeschukel nichts.

Außerdem denke ich mir, selbst wenn mein Kind keinen Hunger hat, sondern sich nur vergewissern möchte, dass ich noch da bin, Hilfe beim wieder Einschlafen benötigt oder Nähe und Schutz sucht: Wer bin ich das meinem Kind zu verweigern? Würden wir es auch ignorieren, wenn ein Kleinkind nachts nach seiner Mutter ruft?

Wird das Schreien eines Babys ignoriert, so wird sein kleiner Körper von Stresshormonon durchflutet. Es ist einer extremen Belastung ausgesetzt. Ist frustriert, verwirrt und hat Angst. Hört es irgendwann auf zu schreien, tut es das nicht, weil es sich beruhigt hat, sondern weil es aufgegeben hat oder vor Erschöpfung eingeschlafen ist. Weint es in den folgenden Nächten weniger oder gar nicht mehr, tut es das nicht, weil es jetzt gelernt hat alleine zu schlafen, sondern weil es resigniert hat. Es hat gelernt, dass nachts/nach der Schlafenszeit nicht auf seine Bedürfnisse eingegangen wird und keiner kommt, wenn es sich bemerkbar macht.  

Habt ihr schon einmal einem Kleinkind, dass sich ganz besonders auf etwas freut oder wartet, versucht zu erklären, wie kurz oder lang 5, 10, 15 oder gar 20 Minuten sind? Dann wisst ihr ja, wie schwer es für sie ist die Zeit richtig einschätzen zu können oder geduldig zu sein, weil sich wenige Minuten sich für sie anfühlen können wie eine Ewigkeit. Was glaubt ihr wie lange sich dann selbst fünf Minuten für ein kleines Baby anfühlen?

Und mal ehrlich, jeder von uns hat sich schon einmal in den Schlaf geweint und weiß, wie sich das anfühlt: Einsam, verlassen, verwirrt. Würde sich nicht jeder in so einer Situation wünschen, von einer geliebten Person getröstet zu werden? Warum sollten wir das unseren Kleinsten verwehren und sie ganz bewusst in dieser Situation lassen?


Natürlich ist das Leben mit einem Kleinkind manchmal sehr hart. Und klar, wir sind auch nur Menschen, machen Fehler, sind müde und kommen oft an unsere Grenzen. Aber denken wir immer daran: Unsere Kinder brauchen uns - auch oder gerade nachts!


Und irgendwann kommen auch wieder ruhige Nächte.


Hier noch ein sehr bewegender Text zum Thema Schlaftraining: "A Letter From A Sleeptraining Baby". 
Read it!

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